street style
Jan 11, 2010
Punks
Ab der Mitte der 1970er Jahre aus England nach Deutschland herübergekommen, fand die Jugendkultur des Punk gegen Ende der 1980er Jahre ihre Präsenz in fast jeder bundesrepublikanischen Fußgängerzone - nicht zuletzt als optischer Kontrapunkt.

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Nov 25, 2009
gammler
Abwertende Bezeichnung in der alten Bundesrepublik und in der DDR für jugendliche Rockmusikanhänger, die meistens lange Haare tragen und mit Jeans und Parka bekleidet sind.
Der Begriff Gammler tauchte in der BRD-Presse 1963 auf und wurde
seit 1965 verstärkt verwendet. 1966 soll es in der BRD 800 bis 1000
Gammler, in Europa 5000 gegeben haben (laut Spiegel). Ihr Anderssein
drückten die Gammler durch ihr Aussehen aus. Gammler hatten lange
Haare. Sie waren ihr Symbol, das ihren Protest ausdrückte. Die Gammler
wollten mit den langen Haaren schockieren und provozieren. „Lange Haare
bringen die Leute in Rage- mehr noch als Ideologie, denn lange Haare
sind ein Mittel der Kommunikation...Für junge Leute ist kurzes Haar
gleichbedeutend mit Autorität, Disziplin, Freudlosigkeit, Langeweile,
Sattheit, Lebenshass. Langes Haar dagegen ist gleichbedeutend mit
Enthemmung, Unförmigkeit, Freiheit und Offenheit." (Gotthardt, S.38)
Die Gammler wollten nicht mitmachen. Auch mit ihrer „ungepflegten"
Bekleidung grenzten sie sich ab. Seinen wenigen Besitz konnte der
Gammler bei sich tragen, denn der Lebensstil der Gammler war
anspruchslos. Die Gammler trugen ihre Besitzlosigkeit zur Schau.
Gammler traten meistens in Gruppen auf, und das an öffentlichen Plätzen
in Großstädten. Sie waren abenteuerlustig und reisten viel.
Der typische Gammler, so schreibt Tina Gotthardt, „stammt zu 20% aus
dem Arbeitermilieu, zu 20% aus Beamten- und Angestelltenfamilien und zu
19% aus dem Bereich Handel/ Handwerk....Wenig Gammler sind vom Lande.
Die meisten Gammler sind unter 21, Frauen stellen 18%, Männer 82%."
(Gotthardt, S.28) Walter Hollstein beschreibt die Sozialstruktur der
Gammler so: „...11% kamen aus der Oberschicht, 82% aus den
Mittelschichten und 7% aus den Unterschichten.." (Hollstein, S.42)
Ähnlichkeiten mit der Stimmungslage der Gammler und Punks in der DDR
treten bei folgender Aussage auf: „als Last empfanden sie hingegen das
Ewigwiederkehrende, das sie als Tretmühle empfanden..." (Gotthardt,
S.29) Arbeitsgesellschaften, die fordistische Industriegesellschaft,
gab es in der BRD und DDR. In der DDR lehnte die Subkultur die
vorbestimmte Normalbiographie ab, von der Wiege bis zur Barre alles
vorstrukturiert. Aufgrund der Tretmühle wollten die Gammler keine
festen Arbeitsverhältnisse eingehen, sie wollten ihre Spontanität und
Flexibilität beibehalten. Die Gammler verweigerten sich der Leistungs-
und Konsumgesellschaft, sie lehnten Arbeit und Konsum ab. Die Gammler
widersetzten sich den Wertvorstellungen, vor allem dem Karrieredenken
und Konsumismus, ihrer konformistischen Eltern. Deshalb kann man von
einem Generationskonflikt sprechen. Gegen die herrschenden Normen und
Werte opponierten sie. Sie wollten unkonventionellen Lebensformen
nachgehen, eine Gegenkultur schaffen, einen eigenen Lebensstil
verwirklichen. Statt enfremdeter Lohnarbeit das Recht auf Faulheit,
statt Karriere der Ausstieg, statt Konsum der Konsumverzicht. Mit ihrer
Haltung waren sie „lebender Protest". Sie stellten ihren Müßiggang im
öffentlichen Raum zur Schau.
Als der Gammler-Look vermarktet, das Gammeln also kommerzialisiert
wurde, war das Ende der Gammler eingeläutet. Zudem ließ das Interesse
der Presse nach, 1965-1967 waren die Gammler noch das wichtigste
Jugendthema. Während der Protest der Gammler noch passiv war, wurde der
Protest der Provos und der 68er Studentenbewegung jetzt aktiv und sehr
politisch. Hatten die Gammler den Konsum und ein „total
durchorganisiertes Leben" (Gotthardt, S.51) kritisiert, so wurde nun
die gesamte Gesellschaft, der Kapitalismus, zum Angriffsfeld der
protestierenden Jugend. Eines hatten die Gammler mit ihrem
provozierenden Aussehen und Auftreten in der Öffentlichkeit erreicht,
die Empörung und das Unverständnis vieler Bürger. Nach einer Befragung
hatten 73% der Bürger kein Verständnis für die Gammler. Die Gammler
stellten die Grundfesten der Gesellschaft in Frage. 56% wollten wieder
einen Arbeitsdienst einführen. Gammler hörten damals, im übrigen in Ost
und West, solche Sprüche wie: „Unter Hitler hätten sie euch vergast."
Und wie ging die Politik mit den Gammlern um? Tina Gotthardt unterteilt
den Umgang mit den Gammlern in zwei Phasen. Am Anfang, also ab 1963,
ließ man die Gammler noch gewähren. Als die Gammler jedoch immer mehr
Zulauf hatten, wurden diese als Bedrohung empfunden und nicht mehr als
Randphänomen. Der Zenit dieser Angst wurde im Frühjahr 1966 erreicht.
In Berlin ging man gegen das Bettlerunwesen vor. In München hatte es
1962 die Schwabinger Krawalle gegeben. Die Polizei sollte später gegen
Lärmbelästigung und Hausfriedensbruch vorgehen. 1966 wendete die
Polizei in München 4000 Arbeitsstunden für die Kontrolle der Gammler
auf, von 457 kontrollierten Gammlern wurden 267 festgenommen. 1967
wurden 735 Gammler wegen strafbarer Handlungen festgenommen.
Bundeskanzler Ludwig Erhard empörte sich 1966 in einer Wahlkampfrede: „
Solange ich regiere, werde ich alles tun, um dieses Unwesen zu
zerstören." (Gotthardt, S. 2) Er befürchtete bei den Gammlern
politischen Protest. Damit machte Erhard die Gammler für die Presse
interessant und sorgte weiter für Zulauf. Allerdings drückten die
Gammler ihren Protest vorwiegend durch das äußere Erscheinungsbild aus.
Als die Bürger sich an das Erscheinungsbild gewöhnt hatten und daran
keinen Anstoß mehr nahmen, wurde der Protest politischer. „Laut
Pasoloni seien die Gammler 1968 von der Studentenbewegung ‘aufgesogen’
worden. Die langen Haare seien nun auf ein Unterscheidungsmerkmal
herabgewürdigt worden und der Protest würde nun durch ‘verbale Sprache’
ausgeübt. 1972 seien die langen Haare schließlich sogar zur allgemeinen
Mode geworden, die ‘herrschende Subkultur’ habe also die
‘oppositionelle Subkultur’ geschluckt und sich ihre Merkmale
angeeignet....Die langen Haare hatten ihren Wert als Erkennungsmerkmal
verloren. „ (Gotthardt, S.80)
Damit verloren die langen Haare auch die „idenititätsstiftende
Kraft...Gerade bei Subkulturen, die nicht über revolutionäre
Gesellschaftsideen verfügten, spielten die Symbole eine große Rolle und
werden ‘in’, also in die Gesellschaft integriert. Eine weitere Folge
sei dann die Kommerzialisierung der Subkultur...Der Kapitalismus
bemächtige sich des Protestes." (Gotthardt, S.80f. ) 1968 wurden die
Gammler uninteressant, die Studentenproteste wurden wichtig. Die
Gesellschaft veränderte sich in den 70er Jahren und ließ auch Nischen
zu.
Die Provos und die Hippies traten auf den Plan. In den USA entstammten
die Hippies überwiegend den Ober- und Mittelschichten. In New Yorks
East Village kamen nur 1% der Hippies aus der Unterschicht. 48% der
Blumenkinder von New York konsumierten LSD. Die psychedelische Rock-
Musik wurde von der Musikindustrie vermarktet, der Protest entschärft.
Blumenkinder wurden zur Touristenattraktion. Eine Gesellschaft des
Spektakels, das Schicksal der Hippies wurde zum Thema der
Situationisten.